Henning Schopper (Foto Partie gg. Waldbüttelbrunn) trifft mit dem Abpfiff zum 30:29 Derbysieg
Unglaubliche Szenen spielten sich am Samstagabend nach dem Schlußpfiff der souverän leitenden Unparteiischen in der Hanauer Main Kinzig Halle ab. Auf Rodgauer Seite gab es eine Jubeltraube so groß wie ein Mannschaftsbus, während im Blauen Block absolute Fassungslosigkeit herrschte. Unterschiedlicher hätten die Gefühlslagen nicht sein können, doch als Henning Schopper in allerletzter Sekunde aus gut fünfzehn Metern den 30. Treffer für die Baggerseepiraten erzielte, war das Südhessenderby auf dramatische Art und Weise entschieden.
Den besseren Start erwischten zunächst die Gastgeber, die schnell ein 2:0 vorlegten, aber die Rodgauer liessen sich nicht lange bitten und warfen ebenfalls die Tormaschine an. Schopper und Horn wirbelten im HSG-Rückraum, dazu kamen immer wieder schöne Anspiele an den in Bestform agierenden Florian Stenger. So entwickelte sich ein ausgeglichenes Derby mit packenden Zweikämpfen und vielen schön herausgespielten Treffern. Nach dem 11:11 des besten Hanauer Torjägers Jonas Ahrensmeier mussten die Baggerseepiraten eine schwierige Phase überstehen, denn innerhalb von einer Minute hagelte es gleich drei Hinausstellungen. Mit großer Laufbereitschaft überstand man die Unterzahlsituation relativ unbeschadet, musste aber mit dem Halbzeitpfiff noch das 16:13 quittieren.
Die Hypothek des 3-Tore Rückstandes war schnell aufgeholt und beim 19:19 durch Flo Stenger konnten die Rodgauer nach längerer Zeit die Anzeigetafel wieder auf Unentschieden stellen. Die Grimmstädter erarbeiteten sich zwar erneut einen knappen Vorsprung, doch dann folgte die beste Phase der Redmann-Jungs. An der sehr stabilen Deckung im Verbund mit dem zusehends heisser laufenden Marco Rhein -unter anderem parierte er einen 7 Meter- bissen sich die Hanauer zusehends ihre Zähne aus. In der Offensive lief die Maschinerie dagegen wie geölt. Immer wieder fand man kreative Lösungen, knackte den Hanauer Abwehrverbund ein ums andere und nach einem 6:1 Lauf lag man unter dem lautstarken Jubel des gut gefüllten Gästeblocks mit 22:25 in Führung. Im Anschluss an ein Hanauer Team-Timeout ergab sich sogar die Gelegenheit, auf vier Tore wegzuziehen. Beim Torerfolg von Ketil Horn wurde aber auf Stürmerfoul entschieden, was auch im Hanauer Livestream von Daniel Kegelmann mit den Worten „Musst Du nicht geben“ kommentiert wurde. Die Chance auf die Vorentscheidung war dahin und Hanau kämpfte sich wieder heran. Begünstigt wurde das auch durch einige leichte Fehler der Baggerseepiraten, die in der kräftezehrenden Partie dem hohen Tempo etwas Tribut zollen mussten. Beim 28:28 und 29:29 war der Ausgang der Begegnung völlig offen und wenn der Verlauf der letzten Minuten schon bis zu diesem Zeitpunkt nichts für schwache Nerven war, wurde das in den verbleibenden 60 Sekunden noch einmal getoppt. Als Finale Furioso wird in der Musikwelt üblicherweise ein „wild-leidenschaftliches“ Ende eines Musikstückes bezeichnet und das traf dann auch exakt auf den Schlussakkord der Begegnung zu. Hanau hatte die letzte Auszeit genommen, Kapitän Yannick Ruppert übernahm die Verantwortung und setzte 5 Sekunden vor dem Abpfiff einen verdeckten Wurf an, der von Marco Rhein glänzend pariert wurde. Den Abpraller sicherte sich Erhard Wunderlich, der gedankenschnell auf den los spurtenden Henning Schopper passte. Aus fast aussichtsloser Position, knapp hinter der Mittellinie feuerte der Linkshänder in Richtung Hanauer Tor, wo dem bis dahin exzellent parierenden Fabian Tomm die Harzkugel durch die Hände rutschte. Die anschließenden Szenen werden noch lange in Erinnerung bleiben: Trikot aus, ab zu den Fans, Marco Rhein im Stile von Usain Bolt & das gesamte Team im Vollsprint hinterher, Humba-Täterä mit Schopper-Gesängen….. Ein überglücklicher HSG-Trainer Redmann war voll des Lobes für sein Team: „Wir waren von der ersten Sekunde an sehr griffig, haben voll dagegengehalten. Es war ein tolles Derby mit dem glücklicheren Ende für uns. Über die gesamten sechzig Minuten war es aus meiner Sicht ein verdienter Erfolg gegen einen sehr starken Gegner.“ Angesprochen auf die allerletzte Aktion des Spiels lüftete der Cheftrainer noch ein Geheimnis: „Henning hat in der Auszeit schon prophezeit, dass falls wir noch mal in Ballbesitz kommen er unbedingt den Ball haben will und ihn auch reinwirft. Er ist ja sozusagen ein Wiederholungstäter“, so Redmann, der damit auf eine Aktion vor fünf Jahren anspielte, als Schopper gegen den TV Großwallstadt in gleicher Art und Weise traf.